Massenmord mit Akribie

Aufklärungsarbeit am HBG Bruchsal 75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz

Bruchsal (Be). Was die Nationalsozialisten im Namen Deutschlands zwischen 1933 und 1945 angerichtet haben, übersteigt jede Vorstellungskraft. Millionen Menschen wurden verfolgt, gequält und ermordet. Dieser Opfer würdig zu gedenken, an das Unfassbare zu erinnern und gesellschaftlich wie persönlich Lehren zu ziehen für Gegenwart und Zukunft, ist Aufgabe der Nachgeborenen – gerade in Zeiten, in denen führende Politiker der größten Oppositionspartei im Bundestag die Zeit der NS-Schreckensherrschaft als „Vogelschiss“ verharmlosen und Menschen pseudowissenschaftlich zu „Ausbreitungstypen“ degradieren. Auch 75 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz ist der Kampf gegen Ausgrenzung, Ausländerhass, Antiziganismus und Antisemitismus nicht gewonnen und Aufklärung ein demokratisches Gebot – auch am Heisenberg-Gymnasium Bruchsal (HBG). Die UNESCO-Schule fördert durch vielfältige Austauschprogramme mit Ländern wie China und Indien nicht nur die Weltoffenheit ihrer Schülerinnen und Schüler, sondern vermittelt durch Projekttage, Vorträge und Exkursionen, etwa zu Gedenkstätten und Ausstellungen, auch politisch-historische Bildung weit über den offiziellen Bildungsplan hinaus.
   Rund um den Internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar rückten in diesem Jahr in der Klassenstufe zehn des HBG insbesondere das Leiden der Menschen bei der Deportation und in den Konzentrationslagern in den Fokus. Basis für Gespräche und Reflexionsphasen waren dabei Zeugenaussagen Überlebender des nationalsozialistischen Terrorregimes. Von „Hölle“ in den völlig überfüllten Waggons war da die Rede, nicht zuletzt aufgrund der katastrophalen hygienischen Bedingungen: „In der Mitte (…) stand ein Eimer, um unsere Bedürfnisse zu verrichten; er (…) lief über und verbreitete einen furchtbaren Gestank“, wurde etwa Dr. Alfred Balachowski zitiert, Leiter eines französischen Labors und nach seiner Verhaftung Insasse der Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora. Über die Selektion auf der Rampe im Vernichtungslager Auschwitz fand sich folgende Aussage: „Man trennt die Frauen, die Kinder und die Greise von den anderen Deportierten und wir haben keine Nachrichten mehr von ihnen.“ Mütter mit Kindern sowie Greise gingen in Auschwitz in der Regel den direkten Weg in die Gaskammern. Alle anderen mussten meist hart arbeiten – und Hunger sowie unerträgliche Erniedrigungen erleiden. Aussagen wie „Die Ohrfeigen und Schläge waren etwas Alltägliches“ und „Es hagelte Fußtritte und Knüppelschläge“ gehörten dabei noch zu den harmlosen Zeugenberichten, denn auch Hinrichtungen und wahllose Erschießungen waren gang und gäbe.
   Eine Stecknadel hätte man in den Klassen und Kursen der Mittel- und Oberstufe fallen hören können, die darüber hinaus den neuen Dokumentarfilm „Ein Tag in Auschwitz“ anschauten. Er zeigt aus Opfer- und Täterperspektive den typischen Ablauf im Vernichtungslager und nutzt dafür ein Album des zuständigen Lagerfotografen, das diesem auf seiner Flucht 1945 - wohl versehentlich - verloren ging. Besonders die Grausamkeit des KZ-Alltags, der Zynismus der oft in unmittelbarer Nähe lebenden (und feiernden) Täter - was an Hannah Arendts „Banalität des Bösen“ erinnert - sowie die Systematik und Akribie des Massenmordes erschrecken. Umso trauriger, dass die zugrundeliegende Ideologie noch immer, 75 Jahre danach, Anhänger findet und es bis heute Menschen gibt, die das Geschehene leugnen – aller Beweise und Aufklärungsarbeit zum Trotz.

 
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