Mit dem Herzen stolpern

Ettlingen (Ba). Auf dem Lehrplan der Klasse 9 steht der Nationalsozialismus. Dabei richtet sich der Blick auch immer auf die Verbrechen, die vor der Haustür verübt wurden. Eines davon war die so genannte T4 Aktion - die systematische Ermordung von mehr als 70.000 Psychiatrie-Patienten und behinderten Menschen durch SS-Ärzte und -Pflegekräfte von 1940 bis 1941. Auch hier in Ettlingen wurden Menschen Opfer dieser Aktion. Damit sie und andere NS-Opfer nicht vergessen werden, verlegt der Künstler Gunter Demning seit über 30 Jahren Stolpersteine vor die Häuser, in denen die Menschen vor ihrer Ermordung zuletzt gelebt haben. Auf den ca. 10x10 cm großen Messingtafeln, die in den Boden eingelassen werden, sind die Lebensdaten der Menschen eingraviert. Unterstützt wird er dabei von lokalen Initiativen, die in den Archiven nach den Biografien der Verfolgten forschen. In Ettlingen ist das Bündnis gegen Rassismus und Neonazis so eine Initiative. Sie organisierte die Verlegung von acht Steinen und suchte dafür Paten. Eine der Patenschaften übernahm die Klasse 9e des Ettlinger Heisenberg-Gymnasiums. Die Schülerinnen und Schüler spendeten Geld, um die Verlegung des Steins zu finanzieren. Im Geschichtsunterricht bei ihrem Lehrer Andreas Badior erfuhren sie, wer der Mensch war, für dessen Stein sie die Patenschaft übernommen haben.

Anna Elisabeth Lumpp wurde am 6. April 1897 in Ettlingenweier geboren. Ihr Vater war der Landwirt Wilhelm Lumpp, ihre Mutter Veronika Lumpp, geb. Luther. Die Familie wohnte in dem landwirtschaftlichen Anwesen Haus 49 in Ettlingenweier. Wie so oft bei den so genannten „kleinen Leuten“ ist über sie nicht viel in den Archiven zu finden. Ihre Kindheit bleibt weitgehend unbekannt. Als junges Mädchen arbeitete sie ein Jahr bei der Stadtapotheke in Ettlingen bei der Apothekerfamilie Thummer. Diese beschrieben sie als „fleißig und geistvoll auf der Höhe“. Später war sie einer anderen Familie in Stellung, die mit ihrer Arbeit sehr zufrieden war. Die Frau wollte, wie sie sagte: „ihr Kind aber nicht mit ihr alleine lassen“. Sie hatte den Eindruck, dass sie „geistig nicht normal“ wäre. Ein Arzt beschreib sie als „körperlich gesund aber mit geistiger Anomalie, bzw. Geistesschwäche“. 1935 warf man ihr vor, eine Scheune in Brand gesteckt zu haben und nahm sie in Untersuchungshaft. Sie wurde freigesprochen, kam aber trotzdem nicht in Freiheit. Am 28. Juni 1935 wurde sie aus dem Bezirksgefängnis Karlsruhe in die Heil- und Pflegeanstalt nach Rastatt und von dort aus am 4. Mai 1940 in die Tötungsanstalt Grafeneck gebracht und dort nach ihrer Ankunft im Gas ermordet.
In der Augustastr. 5 erinnert seit dem 25.11.2024 ein Stolperstein an sie.
Dort versammelten sich an dem Tag um 10 Uhr die Schülerinnen und Schüler der Klasse 9e, um die Biographie von Frau Lumpp vorzutragen, und der Verlegung des Steins durch zwei Musikstücke auf der Querflöte, gespielt von Sophie Tretter und Charlotte Christoph, einen feierlichen Rahmen zu geben.

Als sich die Gruppe wieder auf den Rückweg machte, fragte ein Schüler: „Warum heißen die eigentlich Stolpersteine? Sie sind doch ganz glatt in den Bürgersteig eingelassen.“ Diesen Gedanken hatten vor ihm schon andere. Bei einer Verlegung vor 15 Jahren sagte ein Schüler, der nach der Stolpergefahr gefragt worden war: „Nein, nein, man stolpert nicht und fällt hin, man stolpert mit dem Kopf und mit dem Herzen.“
Wir danken Dieter Behringer und dem Ettlinger Aktionsbündnis gegen Rassismus und Neonazis für die Archivarbeit und die Organisation der Verlegung und natürlich Gunter Demning für sein Jahrzehnte währendes Engagement.

Stolpersteine

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