Digitale Selbstliebe und künstliche Intelligenz

HBG-Musikkurs Dauergast im ZKM Karlsruhe

Bruchal (Hu). Gleich dreimal wurde der 11er-Musikkurs im zurückliegenden Schuljahr 2021/22 als sozusagen „Versuchskaninchen“ zu Workshops ins ZKM Karlsruhe eingeladen.
Die nun schon über Jahre äußerst spannende und immer wieder innovative Zusammenarbeit mit dem ZKM und insbesondere mit dem Studio für elektronische Musik hat ihren Ursprung in der Bekanntschaft und Zusammenarbeit von Ludger Brünner vom ZKM und Heinz R. Huber, Musiklehrer am HBG Bruchsal. Digitale Masken, System Failed und „Your Story on TikTok“ waren die Themen der von den SuS aktiv wahrgenommen Workshops.
Digitale Masken und Selbstliebe (Future Democracies - Julia Beckmann, Paul Schaffer)

Der Mensch interessiert sich schon immer für sich selbst. Die wohl bekannteste Erzählung zur Selbstwahrnehmung im europäischen Kontext ist die von Narziss. Heutzutage ist die Auffassung differenzierter: Selbstliebe, self-love, ist nicht mehr automatisch ein Ausdruck von Eitelkeit. Immer öfter wird es als radikaler Akt verstanden, in einem System, welches den Menschen nach seiner Produktivität bewertet. Selbstwertschätzung widersetzt sich dieser Wertung. Doch auch Selbstliebe kann sich nicht jeglicher Wertung entziehen. Immer häufiger wird sie über Kanäle verbreitet, die Performativität und Konformismus belohnen. Was wäre, wenn wir uns sozialen Medien nicht mehr unterwürfen, sondern beginnen mit ihnen zu kollaborieren? In diesem Workshop wurde der Frage nachgegangen, wie wir mit Sozialen Medien zusammenleben und interagieren wollen. Nach einer Einführung in das Thema anhand von Kunstwerken aus Ausstellungen im ZKM wurden Digitale Masken entworfen und ausprobiert, als erster Schritt in Richtung eines neuen Technologieverständnisses.
SystemFailed von ArtesMobiles
SystemFailed ist eine partizipative Performance in Form eines Experiments, bei der das Publikum Einfluss auf den Verlauf der Handlung nehmen kann. Drei Performerinnen als Forscherinnen bilden mit dem Publikum eine Mikrogesellschaft, die von einer künstlichen Intelligenz analysiert, bewertet und geformt wird. Die KI wird zur autonomen Akteurin und der Ausgang jeder Vorstellung ist so ungewiss, wie unsere nahe Zukunft. Das Stück machte spielerisch auf den Umgang mit Daten in der digitalisierten Welt aufmerksam und bot den Teilnehmenden die Möglichkeit in das System der künstlichen Intelligenz einzugreifen und es durch gemeinsames Handeln zu verändern. Das Publikum (SuS) war mit den Performer*innen auf der Spielfläche und wurde von der künstlichen Intelligenz getrackt, welche durch farbenfrohe Lichtinstallationen, Bodenprojektionen und Soundvariationen verkörpert wurde und durch das Verhalten des Publikums lernte. In mehreren Simulationen wurde die Gruppendynamik der Teilnehmenden untersucht und ihr Bewegungsverhalten in einer Datensammlung gespeichert. Jede Person konnte selbst entscheiden, ob sie die Anweisungen der KI befolgt, oder sich gegen sie stellt.
Your Story on TikTok
BookTok, WitchTok, DateFails, SienceJokes. Von Choreografien im Supermarkt bis hin zu tiefgründigen Gesprächen: Bei TikTok dreht sich alles um das Entdecken. Dabei ist TikTok längst nicht nur eine Plattform für Dance-Tutorials. Es lassen sich dort durchaus viele Bildungsinhalte, verschiedene Perspektiven und gut recherchierte Erklärvideos finden. Anders als auf Vorgänger-Plattformen wie Instagram oder Facebook sind die Informationen, Geschichten und Gags grundlegend anders verpackt. Das liegt einerseits an der besonderen Funktionsweise der App, andererseits an ihren Creator:innen, die mit ihren vielfältigen und kurzen Videos unsere Wahrnehmung maßgeblich beeinflussen.
In diesem Workshop wurde das einzigartige Storytelling auf TikTok kennengelernt und ein ganz individueller Umgang mit Social Media und Selbstinszenierung gefunden. Die Nutzung von TikTok wurde analysiert, hinterfragt und im Anschluss daran konnten die SuS als Creator:innen mit visuellem Storytelling experimentieren.