Gegen das Vergessen und rechte Parolen
Adel Darouish organisiert mit Gleichgesinnten Demonstration in Heidelberg
Syrischer Flüchtling schilderte auch am HBG Bruchsal die Tragödie in seinem Heimatland
Bruchsal/Heidelberg (Be). Tiefschwarz ist das Profilbild von Adel Darouish auf Whatsapp. Der 38 Jahre alte Syrer, dessen Vater im Januar unter mysteriösen Umständen zu Tode kam, hat den Schicksalsschlag noch längst nicht überwunden. Vor allem die Vermutung, Diktator Baschar al-Assad könnte hinter dem Verkehrsunfall stecken, der dem international renommierten Oppositionspolitiker Mounir Darouish zum Verhängnis wurde, nagt an dem Wahl-Kronauer. Doch unterkriegen lassen möchte sich der frühere Philosophiedozent deshalb nicht – im Gegenteil. Kämpfte er bislang eher in den sozialen Medien und im Rahmen kleinerer Begegnungen für Frieden und Gerechtigkeit in Syrien – etwa bei Vorträgen am Bruchsaler Heisenberg-Gymnasium -, suchten er und seine Mitstreiter am Valentinstag jetzt erstmals die Aufmerksamkeit einer breiteren Öffentlichkeit.
Syrer aus der gesamten Region protestierten auf dem Heidelberger Bismarckplatz und am Anatomiegarten in der Hauptstraße gegen das Terrorregime des Diktators von Damaskus, dessen Koalition mit dem russischen Präsidenten Vladimir Putin sowie insbesondere gegen den Einsatz chemischer Waffen in dem seit 2011 andauernden Konflikt, der bereits Hundertausenden das Leben gekostet und Millionen in die Flucht getrieben hat. Die Demonstranten machten zunächst stumm auf die humanitäre Katastrophe aufmerksam, manche trugen aus Solidarität mit den Opfern von Gasangriffen Atemmasken. Später dann skandierten sie lautstark Parolen wie „Freiheit für Syrien!“ oder „Russland raus aus Syrien!“, stimmten Solidaritätslieder an und hielten Plakate in die Höhe, die vergaste Kinder zeigten oder die Untätigkeit der Weltgemeinschaft anprangerten.
„Mein Vater hat sich bis zum letzten Atemzug für eine bessere Zukunft Syriens eingesetzt – er hätte sich über diese Kundgebung sehr gefreut“, kommentierte Mitorganisator Adel Darouish am Rande der Veranstaltung, ehe er sich wieder um Neuankömmlinge kümmerte, die mit syrischen Fahnen und selbstgebastelten Plakaten die Gruppe der Protestierenden verstärkten. Dass bei eisiger Kälte und strahlend blauem Himmel nur wenige Passanten stehen blieben und auch der Hinweis auf Massenmord und Kriegsverbrechen dem geschäftigen Treiben in der Heidelberger Altstadt nicht ansatzweise Einhalt gebieten konnte, störte die Teilnehmer wenig. „Es bringt nichts, nur im Zimmer zu sitzen und zu klagen. Wir müssen einfach raus und unsere Trauer, unsere Wut, unsere Hilflosigkeit in die Welt schreien“, betonte Darouish, der sich – wie seine Mitstreiter - auch von rechtsradikalen Parolen („Raus mit euch aus Deutschland!“) und Beleidigungen („Diese Idioten!“) nicht aus der Ruhe bringen ließ. Man wolle die schweigende Mehrheit erreichen und sie zum Nachdenken anregen, so der angehende Altenpfleger. Eben ganz im Sinne seines verstorbenen Vaters.
Adel Darouish (Mitte) bei der Kundgebung in Heidelberg
Die Demonstranten auf dem Heidelberger Bismarckplatz
"Freiheit für Syrien!" skandierte die Gruppe auch am Anatomiegarten in der Heidelberger Altstadt